Mit dem aus Mitteln des Dekanats für digitale Lehrinnovationen finanzierten Projekt „Health Econ Lab“ hat Prof. Dr. Johanna Kokot Studierenden ermöglicht, die komplexe Verbindung zwischen Verhaltensökonomie und dem Gesundheitswesen zu erforschen. Dabei konnten die Studierenden spannende Erkenntnisse über menschliches Entscheidungsverhalten gewinnen. Für andere Dozierende lassen sich dadurch wertvolle Erkenntnisse ableiten. Prof. Dr. Kokot teilt die dabei gewonnenen Erfahrungen.

Das Projekt „Health Econ Lab“

Das Hauptthema des Projekts war die Überlastung der Notaufnahmen im deutschen Gesundheitswesen. Die Studierenden untersuchten, ob höheres Bewusstsein für diese Problematik prosoziales Verhalten fördert. Durchführungen von verschiedenen Online-Experimentvariationen mit 200 Studierenden ermöglichten Einblicke in das Verhalten von Menschen in einer Situation, in welcher sie zwischen ihrem eigenen Wohlergehen und der schnellen Behandlung von Anderen wählen müssen.

Prof. Dr. Kokot beschreibt: „Konkret haben die Studierenden damit begonnen, allgemeine experimentelle Grundsätze zu erlernen: Welche Grundregeln des Experimentierens gibt es? Warum wird welches Experiment-Design gewählt inwiefern sind interne und externe Validität bei den Experimenten erfüllt?“ Danach haben sich die Studierenden mit dem Grunddesign ihres eigenen zukünftigen Experiments vertraut gemacht. „Damit die Studierenden mit ihren Überlegungen nicht bei null anfangen mussten, haben wir ein Ausgangsexperiment vorgegeben, das als Grundlage für die eigene Forschungsidee diente. Es handelte sich dabei um das sogenannte ‚Risky Diktator Game‘ – ein sehr einfaches Interaktionsspiel, mit dem spezifische soziale Präferenzen erforscht werden können“, führt Frau Kokot aus.

Didaktischer Mehrwert und aktives Lernen

„Der Mehrwert des forschenden Lernens zeigte sich wie folgt: Die Studierenden konnten durch die tatsächliche Umsetzung des Experiments nicht nur die Resultate ihrer theoretischen und konzeptionellen Arbeit sehen, sondern die Thematik der Überfüllung der Notaufnahmen mit eigenen Ansätzen verknüpfen.  Sie haben dafür abstrahiert und reale Anwendungsgebiete gefunden. Das heißt, sie mussten sich von der Theorie in die Praxis begeben und eine Forschungsfrage entwickeln, die relevant und logisch mit dem Gesundheitswesen zusammenhängt. Ein zentraler Aspekt der Veranstaltung bestand somit in der Transferarbeit. Wissen wurde nicht nur durch die Auseinandersetzung mit bestehenden Forschungsarbeiten, sondern auch durch den Prozess der eigenen Datengenerierung erlangt. Wenn Studierende publizierte Forschungsarbeiten lesen, dann erscheinen ihnen oft viele Handlungsschritte logisch und selbstverständlich. Stehen die Studierenden dann selbst vor Designentscheidungen, die abzuwägen sind, werden Problemstellungen beim Forschungsdesign deutlich. Eigene Recherchen und Überlegungen müssen angestellt werden. Durch diesen problemorientierten Ansatz ist der Erkenntnisgewinn umfangreicher und nachhaltiger,“ berichtet Prof. Dr. Kokot.

Johanna Kokot

Foto: Sabine Maisenhälder/Lichtschacht- Studio für Fotografie

„Bei der gemeinsamen Präsentation der Ergebnisse wurden zugleich die Vielfalt der Analysemethoden und Wege der Fokussierung bei der Analyse eines Experiments deutlich. Die Lernenden haben dadurch auch Optimierungswege für ihre eigene Herangehensweise an die Analyse eines wissenschaftlichen Experiments erhalten. Es bot sich im Anschluss genügend Zeit, tiefer in die Thematik einzusteigen und individuell einen Fokus auf Reflexion zu legen. Schließlich schrieb jede Studierende ein Kurzpapier, das wissenschaftlichen Standards entspricht.“

Erfahrungen und Empfehlungen für Lehrende

Prof. Dr. Johanna Kokot teilt wertvolle Erfahrungen und Ratschläge für andere Lehrende, die ähnliche Projekte umsetzen möchten: „Die Struktur des Kurses war zu einem gewissen Grad vorgegeben. Das heißt, der Ablauf, das Ausgangsexperiment sowie die Rahmenbedingungen standen im Vorfeld fest. Die Forschungsfrage, das genaue Design, die Entscheidungsumgebung sowie schließlich die Ergebnisse des Experiments standen im Vorfeld nicht fest. Der Termin der Experimentdurchführung war vorgegeben und motivierte die Studierenden, bis zu diesem Zeitpunkt ein fertiges Konzept zu entwickeln. Das erzeugte ein gewisses Maß an Spannung sowohl auf Seiten der Studierenden als auch auf Seiten der Lehrenden. Meiner Einschätzung nach lebte das Projekt auch von dieser Ungewissheit, die eine Art Offenheit gegenüber den Vorschlägen der Studierenden erzeugt. Die Bereitschaft zur Spontanität der Lehrenden wird mit kreativen Lösungswegen belohnt.“

Auch auf Schwierigkeiten, die sich bei der Umsetzung ergeben können, weist Prof. Dr. Kokot hin: „Teilaufgaben sollten einzelnen Studierenden zugeordnet werden und nicht in die große Gruppe vergeben werden. Das zur Verfügung stellen von Kurzpapieren aus vorherigen Semestern reduziert die Kreativität der Ausarbeitungen.“

Die Lehrveranstaltung („Behavioral Health Economics“) ist eingebettet in den Studiengang „M.Sc. Health Economics & Health Care Management“. Der Studiengang qualifiziert für Fach- und Führungsaufgaben im Gesundheitswesen und der wissenschaftlichen Forschung. Er wird vom Fachbereich Sozialökonomie der WiSo-Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und der Fakultät für Betriebswirtschaft angeboten und maßgeblich von den Mitgliedern des Hamburg Center for Health Economics (HCHE) gestaltet.