Als – zumindest in Teilen – empirische Wissenschaften wurde und wird in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften viel mit Daten gearbeitet. Die Menge, Verfügbarkeit und Unterschiedlichkeit an verschiedenen Daten hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Der Trend in wissenschaftlichen Publikationen hin zu Studien, welche mit verschiedensten und teilweise großen Mengen an Daten arbeiten ist unübersehbar. Auch in der Industrie steigt der Bedarf an Absolvent:innen, welche in der Lage sind, Daten zu verarbeiten und daraus Einsichten zu präsentieren. Dafür braucht es Handwerkszeug. Zur Vermittlung dieses Handwerkszeugs wollen wir Ihnen an dieser Stelle einen didaktischen Impuls geben.
Pair Programming: Der Name ist Programm
Beim Pair Programming (PP) entwickeln zwei Personen an einem Bildschirm gemeinsam Code. Dies hat den Vorteil, dass Wissen zwischen beiden Personen geteilt wird, da Ansätze und Lösungen diskutiert und erklärt werden. Insbesondere beim Einsatz in der Lehre führt PP dazu, dass Studierende mehr Selbstvertrauen beim Lernen verspüren und mehr lernen, als wenn sie sich alleine mit den Aufgaben beschäftigen würden. Als Nebeneffekt lernen Studierende außerdem produktiv mit ganz unterschiedlichen Mitstudierenden zusammenzuarbeiten, da Kommunikation und Feedback im PP sehr wichtig sind.
Grundkonzept
- Zwei Personen sitzen vor einem Rechner (ein Bildschirm, eine Tastatur, eine Maus) und programmieren gemeinsam.
- Eine hat jeweils die Kontrolle über die Tastatur, die andere Person ist der/die „Copilot:in“; diese Rollen werden regelmäßig gewechselt.
- Die kontrollierende Person der Tastatur erläutert jeweils was sie tut bzw. tun möchte (lautes Denken), der/die Copilot:in fragt gegebenenfalls nach und macht Vorschläge (Kommunikationsfähigkeit).
- Wenn es dem/der Copilot:in zu bunt wird, übernimmt er/sie die Tastatur (Konfliktfähigkeit).
- Paare sollten sehr regelmäßig wechseln.
Spezielle Eigenschaften in der Lehre:
- Es geht stärker um den Lerneffekt durch gegenseitiges Erläutern, weniger um Qualität des Quelltextes. Konzeptdiskussionen sollen angeregt werden.
- Stärkere Studierende sollten Verantwortung übernehmen und auch Paare mit schwächeren bilden. Auf diese Weise kann Vorwissen weitergegeben werden. Stärkere Studierende profitieren davon, indem sie ihre Ausdrucksfähigkeit und Fachbegriffe üben.
Besonders geeignet für digitale Lehre
Die Teammitglieder müssen keinesfalls am gleichen Ort sein, um produktiv und mit Freude PP durchzuführen. Umsetzungsmöglichkeiten sind entweder das Teilen des Bildschirms eines Paarmitglieds in Zoom, das gemeinsame coden in HedgeDoc, OnlyOffice in OpenOlat oder einem „remote pair programming IDE plugin“ wie z.B. motepair von Atom oder CodePen, wobei bei den letzteren beiden am besten parallel noch Zoom zur Kommunikation laufen sollte. Wenn der Bildschirm über Zoom geteilt wird, sollten alle Studierende die identische Entwicklungsumgebung (IDE) zu Beginn der Veranstaltung installieren (Stata, RStudio, Atom BlueJ,…). Durch das gemeinsame programmieren sprechen die Studierenden automatisch miteinander und sind aktiviert. Lehrende und Betreuende können durch die Nutzung von Breakout-Rooms Fragen in den Breakout-Rooms beantworten und den Fortschritt überprüfen. Dazu können Studierende in den Breakout-Rooms ihren Bildschirme teilen, auf denen der Code zu sehen ist. Studierende können durch Nutzung eines gemeinsamen Session-Pads oder den Chat auf sich aufmerksam machen, wenn sie eine Frage an Betreuende haben oder eine Lösung zeigen wollen. Dieses Session-Pad oder „Übungsraumtafel“ kann z.B. ein kollaboratives Dokument in OpenOffice oder HedgeDoc sein.
Mögliche Anwendungsgebiete an der WiSo-Fakultät
Veranstaltungen, die über konkrete Programmierinhalte verfügen, die die Studierenden auch praktisch erarbeiten sollen. Beispiele dafür sind Veranstaltungen in Statistik, Ökonometrie, Vermittlung von datenbasierten und quantitativen Grundkompetenzen sowie fortgeschrittene Kurse in Datenanalyse oder Forschungspraktiken jeglicher Art: Computational Social Sciences, Textanalyse, aktuelle Forschungspraktiken und viele weitere. Pair Programming wird heute teilweise bereits in weiterführenden Schulen im Informatikunterricht genutzt und könnte somit manchen Studierenden sogar bereits bekannt sein. Ausgehend von einem passenden didaktischen Konzept kann dies daher auch bereits zu Beginn des Bachelors in Veranstaltungen an der WiSo-Fakultät ausprobiert werden.
Melden Sie sich gerne bei uns, wenn Sie Interesse haben, das Konzept in Ihrer Lehre auszuprobieren. Wir unterstützen Sie gerne dabei.
Schreibe einen Kommentar