Die neue Aufgabe der Hamburger Hochschulen, “Online-Kurse” anzubieten, kommentierten in diesem Blog vor kurzem sechs Experten und Praktiker.
Hier folgen nun zwei weitere Stellungnahmen:
Prof. Dr. Holger Fischer ist seit 2003 Vizepräsident der Universität Hamburg (UHH) für Studium und Lehre. In seiner Funktion trug Fischer entscheidend dazu bei, dass die UHH heute über ein etabliertes und dauerhaft verankertes Netzwerk aus zentralem und dezentralen eLearning-Büros verfügt. Nach seiner aktuellen Amtszeit im Sommer 2014 geht Fischer, dessen wissenschaftlicher Schwerpunkt die finnisch-ugrischen Sprachen sind, in den Ruhestand. Bis Ende 2012 war Fischer Mitglied der Kommission für Studium und Lehre der Hochschulrektorenkonferenz.
Ich halte die in der Novellierung des HmbHG und der LVVO vorgesehenen Regelungen für sehr positiv, weil sie geeignet sind, dem Bereich des eLearnings stärkere Bedeutung beizumessen und dem mit der Vorbereitung und Durchführung von eLearning verbundenen höheren Aufwand Rechnung zu tragen. Meiner Ansicht nach ist die Befürchtung unbegründet, dass das Gesetz hierdurch den Weg vorbereitet, die Präsenzlehre durch eLearning zu ersetzen.Holger Fischer
Prof. Dr. Thomas Straubhaar ist Direktor und Sprecher des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI). An der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften hält er den Lehrstuhl für Internationale Wirtschaftsbeziehungen. Der renommierte Volkswirt befasst sich laufend mit aktuellen sozioökonomischen Entwicklungen, in öffentlichen Diskussionen ist der gebürtige Schweizer daher ein häufig gefragter Experte.
Wieso Online-Angebote für die universitäre Lehre unverzichtbar werden: Mit rasender Geschwindigkeit haben neue Informations- und Kommunikationstechnologien die Welt der Studierenden verändert. Um es verkürzt auf den Punkt zu bringen: Die jüngere Generation erwirbt sich ihr Wissen weniger durch ‚lesen‘ als durch ’sehen‘. Sie arbeitet sich nicht mehr durch gedruckte (Lehr-)Bücher, sondern durch einzelne multimedial aufgearbeitete Module. Amerikanische Kollegen haben das begriffen. Sie bieten heute zum gedruckten Lehrbuch eine Fülle zusätzlicher Angebote für die Studierenden. Neben elektronisch verfügbaren Foliensätzen gehören Lehrvideos, Übungen und Prüffragen mit Musterantworten, Zugriff zu den Originaldaten hinter den Tabellen, Abbildungen und Grafiken und elektronische Bereitstellung aller Quellen, weiterführender Literatur und aktueller Filmbeiträge dazu. Im Endeffekt brauchen die Studierenden die dezentral an einzelnen Universitäten und Hörsälen erbrachten Lehrangebote gar nicht mehr. Was sie online abrufen können, ist Ausbildung vom Feinsten. Sie haben Zugriff auf Vorlesungen der weltbesten Professor(inn)en, dargeboten mit den modernsten didaktischen Hilfsmitteln und verfügbar gemacht wann und wo sie wollen.
Die Verlagerung der Lehre aus dem Hörsaal ins Internet kann man bedauern. Korrigieren wird sie sich wohl kaum mehr lassen. Eher sollten vermehrt Angebote geschaffen werden, die dem Wandel des Lernverhaltens und den neuen technologischen Möglichkeiten gerecht werden. Gerade um der Konkurrenz nicht das Feld zu überlassen, müssen deutsche Universitäten ihre Online-Angebote massiv ausweiten. Sonst verlieren sie ihre Studierenden an die wie Pilze aus dem Boden schießenden Online-Studiengänge anderer Anbieter. Deshalb folgt die Richtung des vom Hamburger Senat beschlossenen Gesetzentwurfes einer klugen Absicht. Es muss möglich werden, für Studierende Leistungen online zu erbringen und für Lehrende ihre Online-Veranstaltungen an das Deputat anzurechnen. Alles andere hieße die Zeichen der Zeit zu verschlafen und am Ende ohne Studierende aufzuwachen.Thomas Straubhaar
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Anmerkung: Herr Fischer und Herr Straubhaar verfassten ihre Kommentare auf Anfrage und für die Veröffentlichung in diesem Blog.
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